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V-Markt

Vier LKW mit Elektroantrieb

Der Lebensmitteleinzelhändler Georg Jos. Kaes GmbH hat die ersten vier LKW mit Elektroantrieb übernommen. Die E-LKW vom Typ Volvo FH electric dürfen mit 42 Tonnen Gesamtgewicht gefahren werden. Sie verfügen über eine nominelle Batteriekapazität von 540 kWh und werden in den bestehenden Tourenplan integriert. Die Antriebswende auf leise und emissionsfreie Fahrzeuge wird mit Fördergeldern unterstützt. 20 % des LKW Fuhrparks verfügen jetzt über einen elektrischen Antrieb.

Eine neue Ära beginnt im Familienunternehmen Georg Jos. Kaes GmbH. 1921 hat die 3. Generation unter Richard Hermann den ersten LKW in der Firmengeschichte gekauft – zur damaligen Zeit einer der ersten LKW im Großraum Kaufbeuren. Gut 100 Jahre später wurden von der 6. Generation unter der Federführung von Christoph Hermann vier voll-elektrische LKWs angeschafft – wiederrum im Großraum Kaufbeuren die ersten elektrischen Nutzfahrzeuge dieser Größe.

 

Die konkreten Überlegungen zur Elektrifizierung des Fuhrparks begannen etwa vor zwei Jahren. Was im PKW Bereich recht einfach ist, gestaltet sich bei schweren Nutzfahrzeugen mit rund 40 Tonnen Gesamtgewicht wesentlich herausfordernder. Es soll ein serienreifes und lieferfähiges Modell sein, das zudem direkt ab Werk mit elektrischem Antrieb ausgeliefert wird. Gleichzeitig stellen sich die Fragen, wann, wo und wie geladen werden soll. Der bestehende Rahmentourenplan wird analysiert, welche Strecken sich für den Einsatz der E-LKW eignen. Ende 2022 waren die Voraussetzungen erfüllt: der Volvo FH electric verfügt über eine hohe Reichweite, die Siemens Sicharge D300 Ladesäulen eine entsprechende Ladekapazität und das Förderprogramm kompensiert einen Teil der hohen Anschaffungskosten.

 

Die Umstellung auf elektrische LKW erfolgt aufgrund ökologischer und wirtschaftlicher Aspekte. Die Elektromotoren sind im Betrieb effizienter als Verbrennungsmotoren und der CO2 Ausstoß der LKW deutlich geringer. Etwa 50 % erneuerbare Energie im normalen Strommix verbessern die CO2 Bilanz weiter. Zusätzlich wurde die installierte Leistung der Photovoltaik Anlage auf dem Dach des Zentrallagers auf knapp 2,1 MWp erweitert. Die hohe Kapazität wird genutzt, um die LKWs in den Standzeiten mit lokal produzierter grüner Energie zu laden. Die leise Gangart der neuen Fahrzeuge ist ein weiterer großer Vorteil. Die meisten V-Märkte und V-Baumärkte liegen im Stadtbereich. Die Lärmbelastung für die Anwohner sinkt durch die neuen LKW auf ein Minimum und lokale Emissionen durch die Verbrennung von Diesel entfallen sogar komplett. Zudem werden deutlich geringere Kosten für den Betrieb der E-LKW im Vergleich zu den bisherigen Diesel-LKW erwartet. Kosten für Dieselkraftstoff schwanken und steigen kontinuierlich – trotz Nutzung der eigenen Betriebstankstelle. Eine temporäre Befreiung von der LKW-Maut wirkt sich zusätzlich positiv aus. In welchem Umfang sich die Wartungs- und Inspektionskosten reduzieren, werden die nächsten Jahre zeigen.

„Die Fahrleistungen des Elektroantriebs mit umgerechnet 677 PS sind beeindruckend. Der LKW hat jederzeit jede Menge Drehmoment und lässt sich kinderleicht fahren. Für ein effizientes Fahren muss man sich auf die ganzen elektrischen Assistenten einlassen und verlassen. Deshalb war die intensive Schulung und Einweisung der Fahrer durch Volvo sehr wichtig“, sagt Fuhrparkleiter Andreas Spannagl nach seinen ersten Fahrten im Volvo. Die vier neuen E-LKW werden alte Diesel LKW im gleichen Umfang ersetzen, insgesamt umfasst der Fuhrpark dann 12 Sattelzugmaschinen und 7 Hängerzüge. Auch das Thema Nutzlast wurde im Vorfeld in die Überlegungen aufgenommen, da eine hohe Batteriekapazität zwangsläufig ein hohes Gewicht bedeuten. Das Fahrzeuggewicht erhöht sich von knapp 8 Tonnen einer klassischen Sattelzugmaschine auf knapp 11 Tonnen. Einschränkungen auf die Beladung gibt es bei den Verteilerverkehren im Tagesgeschäft nicht.

 

Die neuen elektrischen LKWs werden auf Touren eingesetzt, die vorher fast unverändert von LKW mit Dieselantrieb gefahren wurden. Es werden tägliche Laufleistungen im 2-Schicht-Betrieb von gut 350 bis 500 km erreicht. Die notwendigen Ruhezeiten am Zentrallager werden zum umsatteln genutzt sowie zum Zwischenladen der LKWs. Bei einer maximalen Ladeleistung von 240 kW kann selbst während kurzer Standzeiten viel Energie geladen werden. Auf dem Betriebsgelände des Zentrallagers stehen zwei Siemens Sicharge Ladesäulen mit einer aktuellen Kapazität von 460 kW zur Verfügung. Die Ladesäulen sind in den ersten Jahren nicht öffentlich – auch um Lade- und Nutzungsverhalten der LKWs besser analysieren zu können. Künftig ist die Öffnung der Ladesäulen für Zulieferer denkbar, sodass eine Unterstützung weiterer Unternehmen bei der Umstellung auf eMobilität möglich ist. Auf den fest geplanten Rahmentouren im Verteilerverkehr der Georg Jos. Kaes GmbH können die E-LKW hervorragend genutzt werden. Die noch fehlende öffentliche Infrastruktur wird durch unternehmenseigene Ladelösungen kompensiert, so können dann auch die Be- und Entladezeiten in den Filialen zum Nachladen verwendet werden. In den nächsten Monaten und Jahren erfolgt ein weiterer Ausbau von Superschnell-Ladeinfrastruktur in den V-Märkten für Kunden und eLKWs. Mit dem Vorhandensein von Ladelösungen an zentralen Verkehrsknotenpunkten sollen künftig alle Märkte mit eLKWs erreichbar sein. Somit kann die Flotte nach und nach komplett auf eLKWs umgestellt werden.

Noch sind nicht alle Herausforderungen auf dem Weg zur Elektromobilität für Nutzfahrzeuge gelöst. Neben hohen Investitionskosten sind die schwer planbaren und sehr dynamischen Lieferzeiten sämtlicher Hardwarekomponenten ein Hemmnis – sowohl von Bauteilen des LKWs bis hin zu Trafos und Ladesäulen. Praxistaugliche und eichrechtskonforme Ladelösungen für LKWs sind noch Mangelware, so dass PKW Ladelösungen für LKWs adaptiert werden.

 

Die Beschaffung von elektrischen Nutzfahrzeugen ist nur ein Bestandteil der Klimastrategie der Georg Jos. Kaes GmbH. Den Kunden stehen über 440 öffentliche Ladepunkte mit bis 22 kW zur Verfügung, sowie 8 Superschnelladepunkte. Letztere werden in den nächsten Wochen auf 40 Ladepunkte ausgebaut. An über 32 Standorten sind PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 10 MWp installiert, die für den Eigenverbrauch und die Ladepunkte genutzt werden. Rund 100.000 m² der Dachflächen sind begrünt. Bauliche und technische Modernisierungen an den Gebäuden wie Wärmetauscher und LED-Beleuchtung sind bereits flächendeckend realisiert. „Weitsicht bei Strategie und Planung sind der Kern eines Familienunternehmens. Bereits 2007 haben wir die erste PV-Anlage in Betrieb genommen und 2016 den ersten elektrischen PKW gekauft“, so Christoph Hermann, geschäftsführender Gesellschafter.

 

Dieses Projekt der E-LKW wird im Rahmen der Richtlinie über die Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur (KsNI) mit insgesamt 770.737 Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert, Anträge werden durch das Bundesamt für Logistik und Mobilität bewilligt. Das Projekt wird von Georg Jos. Kaes GmbH vorfinanziert und hat ein Volumen von rund 2 Mio. Euro.